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Der Strom kommt aus der Steckdose

Das gilt zugegebenermaßen auch in Japan. Aber nicht immer. Und schon gar nicht überall gleich. Beim Thema Strom und Elektrizität gibt es in Japan jedenfalls einige Besonderheiten:

Welche Steckdosen gibt es in Japan?

Wer schon einmal beim Umsteigen in Heathrow den Laptop laden oder sich mal schnell in der Toskana die Haare fönen wollte, kennt das Problem: Eine Steckdose ist nicht gleich eine Steckdose. Japan gleicht in diesem Punkt den USA, denn hier werden die sogenannten Typen A und B verwendet.

Es gibt also wie in Deutschland Steckdosen mit und ohne Erdungsmöglichkeit. Viele Haushaltsgeräte in Japan, bspw. unser Mikrowellenbackofen und die Waschmaschine (oben rechts) nutzen den angebotenen dritten Kontakt aber gar nicht, sondern haben einen zweipoligen Stecker und ein grüngelbes Erdungskabel, das in der Steckdose befestigt wird.

Das wirkt etwas hemdsärmelig und ist angesichts des Sicherheitsbedürfnisses der Japaner auch recht überraschend. Denn das Konzept setzt darauf, dass der Nutzer die Erdung auch anschließt. Bei den dreipoligen Typ-B-Steckern und unseren Schuko-Steckdosen geschieht das hingegen beim Einstecken ohne Zutun und konstruktiv bedingt sogar noch vor der Verbindung mit der Wechselspannung.

Wie hoch ist die Netzspannung?

In Japan arbeitet das Stromnetz mit 100 Volt. Das liegt noch weiter unter unseren 230 Volt als die USA (110-120 Volt) und ist die niedrigste Netzspannung weltweit. Für die gleiche Leistung benötigen die Geräte hier daher mehr Strom und das spürt man auch. Wie? Die Stecker und Kabel am Wasserkocher und am Staubsauger werden schon nach recht kurzer Zeit recht warm, weil sie zumindest auf den ersten Blick nicht größer dimensioniert sind als bei uns.

Welche Adapter werden benötigt?

Schon allein wegen der unterschiedlichen Steckdosen werden für europäische Elektrogeräte Adapter benötigt. Die bekommt man in Deutschland für fünf bis zehn Euro und in Japan für unter zwei Euro.

Der deutsche, weiße Adapter verhindert über Plastikstege, dass ein Gerät mit Schukostecker angeschlossen wird. Das japanische Modell (schwarz) besitzt hingegen keine Erdungsmöglichkeit. Mit dem Stecker lassen sich theoretisch auch Geräte der Schutzklasse 1 ohne Erdung betreiben, was Stromunfälle ermöglicht.

Die meisten dieser Geräte werden aber vermutlich nicht nach Japan mitgebracht, weil sie hier nicht ohne Weiteres funktionieren: Alle Arten von Kochgeräten, Kühlschränke, Waschmaschinen, Bügeleisen und Föns etc. aus Europa benötigen eine Spannung 230 Volt. Bis auf die Kaffeemaschine haben wir daher alles in der Heimat gelassen. Und mit dem Spannungswandler funktioniert die Siebträgermaschine auch in Japan ohne große Probleme.

Ein Spannungswandler mit japanischen und deutschen Steckdosen, der Strom von 110 auf 220 Volt (und anders herum) wandelt

Für die geliebte Siebträgermaschine haben wir einen Spannungswandler besorgt. Diese Geräte sind aber – gerade wenn sie leistungsstarke Verbraucher versorgen sollen – einigermaßen sperrig, teuer (gut 100 Euro) und der flächendeckende Einsatz daher nicht sinnvoll.

Nach unserer Rückkehr wartet auf ihn aber ein zweites Leben: Dann versorgt er im umgekehrten Betrieb unseren japanischen Reiskocher, der die Ergebnisse des deutschen Geräts erwartungsgemäß deutlich übertrifft.

Wie wird der Strom in Japan erzeugt?

Der Strom kommt also auch in Japan aus der Steckdose. Aber wie kommt er dort herein? Den Großteil seiner elektrischen Energie erzeugt Japan mit fossilen Energieträgern, also mit Gas und Kohle. Auch elf Jahre nach in Fukushima plant Japan, seine Kernkraftwerke wieder stärker zu nutzen, die davor ca. ein Viertel und seitdem nur ca. 5 % zur Stromversorgung beitragen.

Das kann angesichts des Super-GAUs sowie der Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki verwundern. Mit einer gewünschten Energieunabhängigkeit ist es auch nicht zu erklären, weil zwar insgesamt 90 % aller Energieträger, aber sogar 100 % des spaltbaren Materials importiert werden müssen. Daher spielen vermutlich sunk cost Effekte der bestehenden Meiler und die Streuung der Versorgungsrisiken die Hauptrolle. Das japanische Stromnetz ist letztlich autark und sieht keine Im- und Exporte vor.

Ein gestapeltes Balkendiagramm zur Erzeugung der elektrischer Energie in Japan. Nach 2010 ist die Nuklearenergie und der Stromverbrauch insgesamt deutlich zurückgegangen. Erdgas und Kohle machen den Großteil aus.

Wie sieht die Energie-Perspektive für Japan aus?

Die Möglichkeiten für den Ausbau der Windkraft ist als Laie schwer einzuschätzen. Die Inseln ist mit Ausnahme des unwegsamen Berglandes dicht besiedelt. Gleichzeitig fällt der Meeresgrund entlang zumeist steil ab, was die Aufstellung von Windparks im Meer fast unmöglich macht. Dieser Herausforderung begegnet man in der Region Fukushima mit einem schwimmenden Windpark, der die Konzeptphase bereits gemeistert hat und als Blaupause für weitere Anlagen dienen soll.

Die Wasserkraft hingegen ist vermutlich (ähnlich wie in Deutschland) größtenteils erschlossen, weil die Technik seit langem vorhanden ist. Für die Photovoltaik gibt es in jedem Fall noch reichlich Potenzial. Mit seinem Solardach ist unser Wohnblock eine seltene Ausnahme. Angesichts der Tatsache, dass sich Japan auf die gleichen Breitengrade wie Griechenland erstreckt und Tokyo in jedem (!) Kalender auf mindestens sechseinhalb durchschnittliche Sonnenstunden am Tag kommt, ist das schon sehr erstaunlich.

Der Stromverbrauch der Japaner liegt in etwa auf dem Niveau der Deutschen (+10%), obwohl hier fast überall klimatisiert und mit Strom geheizt wird. Dafür wird weniger zu Hause gekocht und die allermeisten Maschinen waschen die Wäsche kalt (!).

Stimmt es

https://www.puttygen.net/

, dass Japan zwei Stromnetze hat?

Bislang war stets vom japanischen Stromnetz die Rede. Dabei gibt es genau genommen zwei davon. Und damit sind nicht das Hoch- oder Mittelspannungsnetz gemeint, mit dem man als Privatanwender ja nichts zu tun hat.

Seitdem Japan Ende des 19. Jahrhunderts Generatoren sowohl von AEG (Deutschland, 50 Hertz) und General Electric (USA, 60 Hertz) beschafft hat, gibt es zwei Netze mit einer Grenze entlang des Fuji-Flusses. Südwestlich davon gibt es 60 Hertz, nordöstlich und somit auch bei uns in Yokohama 50 Hertz. Die aufwändige Übertragung von Energie von einem in das andere Netz ist nur an vier Umspannwerken möglich und in der Summe auf die Leistung etwa eines großen Windrads (!) begrenzt. Das hat die Versorgung des Nordostens nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima zusätzlich erschwert.

Stromausfälle in Japan

Bei der Zuverlässigkeit der Stromversorgung fordert die Lage Japans mit Erdbeben und Taifunen ihren Tribut. Stromausfälle sind hier häufiger als in Deutschland, wenn auch kein tägliches Phänomen wie in etlichen Regionen der Welt. Die Elektromärkte haben sich darauf eingestellt und versprechen Abhilfe. Dort gibt es stets eine viel beworbene Ecke mit “Desaster Prevention Goods”.

Ein Mann arbeitet am Strand mit dem Laptop, das von einem großen mobilen Batteriespeicher gespeist wird.
Fünffache Laptop-Laufzeit, um merkwürdige Bilder zu betrachten? Dafür schleppt man doch gerne den 5 kg Eimer an den Strand!

Die meisten Sets aus faltbaren Solarpaneelen und großen Powerbanks sind übrigens denkbar unpraktisch dimensioniert und die Anwendungsfälle wirken recht konstruiert (s. Werbebild “Strand”). Der 200 Euro teure und 5 kg schwere Batteriespeicher kann ein iPhone ca. 50-mal vollständig laden. Zum Kochen oder Kühlen reicht die Leistung jedoch nicht aus. Das dafür notwendige Gerät wiegt bereits 20 kg, kostet 2.000 Euro und betreibt eine Herdplatte auch nur ca. 1 Stunde lang. Wenn die Wohnung noch benutzbar ist, denn weit tragen wird man den Klumpen vermutlich nicht. In unserem Krisenvorsorgepaket kommen derartige Geräte jedenfalls nicht vor, aber dazu mehr in einem späteren Beitrag.

Wie steht es um die Elektroautos in Japan?

Die größten für Endanwender erhältlichen Powerbanks unserer Zeit haben Räder. Gemeint sind Elektroautos. Davon gibt es in Japan erstaunlich wenige. Plugin-Hybride und reine Elektrofahrzeuge machten in 2020 nur jeweils 1 % der Verkaufszahlen aus. Die übrigen Fahrzeuge sind allesamt Hybridmodelle (was eventuell daran liegt, dass Start-Stopp-Systeme mitgezählt werden).

Bei der Antriebswende setzt Japan auf einen Wettbewerb zwischen batterieelektrischen Antrieben und Wasserstoff-Fahrzeuge. Die nächste Wasserstoff-Tankstelle ist von unserer Wohnung nicht viel weiter weg als das fossile Pendant (aber aktuell noch deutlich schlechter besucht). Ein Ziel haben die Japaner sich jedoch bereits gesetzt: Ab 2035 dürfen nur noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge verkauft werden.

Ein Toyota Mirai lädt an einer Wasserstofftankstelle
Toyota Mirai (“Zukunft”) an der nahen Wasserstoff-Tankstelle

Der japanische Lade-Standard macht Elektroautos übrigens tatsächlich zu Powerbanks. Im Gegensatz zum (bisherigen) europäischen System erlaubt ChaDeMo auch eine Energieübertragung vom Fahrzeug zu einzelnen Geräten oder zum Stromanschluss. Der Energieinhalt eines Elektroautos reicht in der Regel aus, um einen Haushalt tagelang zu versorgen. Und so könnten Autos zukünftig tatsächlich ein Teil der Desaster Prevention darstellen. Ihren ur-eigensten Sinn entfalten sie im Katastrophenfall nämlich nicht: Nach schweren Erdbeben und ähnlich gravierenden Wetterereignissen schließen Behörden private Fahrzeuge in der Regel vom Straßenverkehr aus.

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