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Der Weg zum japanischen Führerschein

Autofahren in Japan ist für Deutsche sehr einfach – zumindest juristisch. Mit einer offiziellen Übersetzung darf man ein Jahr fahren. Dann ist der Gang aufs Amt fällt.

Mit der Übersetzung ein Jahr fahren

Nach der Ankunft in Japan mussten wir uns um viele Dinge kümmern. Führerscheine zählten glücklicherweise nicht dazu. Die Führerscheine der meisten Länder werden in Japan ein Jahr lang anerkannt. Es wird lediglich eine offizielle Übersetzung benötigt. Diese erhält man sehr bequem über die Japan Automobile Federation. Der Vorgang wurde vor einigen Monaten komplett digitalisiert. Nach der Beantragung und Überweisung von 4.000 Yen (etwa 30 Euro) kann man das entsprechende Dokument innerhalb weniger Tage im Konbini ausdrucken. Sehr convenient, as always.

Nach einem Jahr wird es aber ernst. So ernst, dass uns der Relocation Service von Karins Arbeitgeber für den Besuch auf dem Amt sogar eine Aufpasserin zur Seite stellt. Die Führerscheine werden in Japan von der Präfektur herausgegeben. In unserem Fall ist die Behörde also für gut 9 Millionen Einwohner zuständig. Das Gebäude ähnelt daher eher dem Terminal eines Regionalflughafens, inklusive Rollfeld für die praktische Prüfung.

Deutsche fahren ohne Prüfung – Japaner nicht

Inhaber deutscher Führerscheine kommen um diesen Teil jedoch herum – im Gegensatz zu anderen Nationen wie den USA, Indien oder China. Entsprechend penibel werden deutsche Führerscheine auch geprüft.

Dabei trat seit Langem wieder einmal die Umlaut-Problematik auf. Dass japanische Schriftzeichen für Ausweisdokumente in lateinische Buchstaben überführt werden, ist allseits bekannt. Dass aus einem deutschen Ö im Ausweis ein OE wird, stößt aber oft auf komplettes Unverständnis. In diesem Fall empfiehlt sich der wiederholte Hinweis auf die maschinenlesbaren unteren Zeilen im Reisepass.

Weil die deutschen Führerscheine von der Prüfungspflicht entbunden sind (das Gleiche gilt für Japaner in Deutschland interessanterweise nicht!), wollen die japanischen Behörden auch einen “Führerscheintourismus” unterbinden. Daher müssen Nachweise dazu vorgelegt werden, dass man nach der Führerscheinausstellung auch eine gewisse Zeit in Deutschland gelebt hat.

Drei Monate sind das Minimum. Wer weniger als zwei Jahre nachweist, wird jedoch als Fahranfänger eingestuft und bekommt die Auflage, vorne und hinten am Fahrzeug einen großen, grün-gelben Aufkleber anzubringen. Für den Nachweis empfehlen sich Dokumente, die explizit einen Zeitraum ausweisen, also zum Beispiel die Ausdrucke der elektronischen Lohnsteuerkarte. Mit dieser Übersetzungshilfe können die japanischen Beamten das Dokument nachvollziehen.

Automatik oder Handschalter, Moped oder Motorrad

Ganz zu Beginn der Beantragung gilt es, die gewünschten Klassen anzugeben. Dabei gilt: Wer Handschalter fahren darf, kringelt MT an und ist auch für Automatik berechtigt. Andersherum gilt das nicht. Bei den Zweirädern wird wie bei uns zwischen Mopeds und größeren Geräten unterschieden.

Der Anhänger-Führerschein wurde im Antragsformular nicht aufgeführt. Wer hier nicht aufmerkt, kann ihn später auch nicht mehr reklamieren, wenn er plötzlich doch auftaucht und nicht markiert ist. Das habe ich für euch getestet. Ich verspüre aber auch wenig Lust, in den engen japanischen Gassen einen Anhänger zu manövrieren.

Zahlstelle, Sehtest, Foto

Schon bei der Antragserstellung zu Beginn muss ein Foto aufgeklebt werden. Wer keines dabei hat, findet auf dem Amt natürlich auch einen Passbildautomaten. Für den eigentlichen Führerschein wird jedoch später noch ein weiteres Foto erstellt. Sicher ist sicher.

Auch der Sehtest wird auf dem Amt durchgeführt. Dazu diente in unserem Fall ein echtes Museumsstück, der AS70. Ein schönes Beispiel für die japanische Sitte, funktionierende Geräte auf ewig zu betreiben. Neben der Sehschärfe werden auch die Farben abgeprüft. Dabei ist zu beachten, dass grüne Ampeln in Japan als “blau” bezeichnet werden. Es fällt aber vermutlich niemand durch die Prüfung, der das Grün beim Namen nennt.

Die meisten Schritte im japanischen Führerscheinprozess scheinen sauber durch-digitalisiert zu sein. Für das Zahlungswesen kann das mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden. Die fällige Gebühr von 4.600 Yen wird bar an der Zahlstelle entrichtet. Dafür bekommt man einige Briefmarken, die an den passenden Stellen auf die Formulare geklebt werden müssen. Das ist erfrischend anachronistisch.

Geschafft – fürs Erste

Nach rund vier Stunden (!) ist der Marathon geschafft und wir halten unsere neuen Führerscheine in der Hand. Diese sind gut zwei Jahre gültig und müssen dann erneuert werden.

Auch Japaner erhalten den Führerschein stets nur auf Zeit. Bei der Erneuerung wird stets ein Schulungsvideo zur Auffrischung und der Vermittlung neuer Verkehrsregeln gezeigt. Außerdem wird erneut ein Sehtest fällig. Ob wir einen entsprechenden Beitrag zur Verkehrssicherheit in Deutschland noch erleben werden?

Als Deutsche wurden wir übrigens stets höflich mit (japanisiertem) Namen aufgerufen. In anderen Fällen hieß es irgendwann nur noch “Nr. 5, die Vietnamesen!”. Aber das ist eine andere Geschichte…

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