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Steuern in Japan – oder “Es gibt Reis, Baby!”

Die Lebkuchen in den Regalen und Weihnachtslieder im Supermarkt läuten schon seit Wochen das Jahresende ein. Neben der Aussicht auf Glühwein, Kekse und das unvermeidliche Silvesterraclette bringt der Jahreswechsel auch unweigerlich die Aussicht auf die nächste Steuererklärung mit sich. 

„Aber wie funktioniert das eigentlich in Japan mit der Steuer?“

Kein Leser

Das hat sich wahrscheinlich noch keiner unserer Leser gefragt. Trotzdem werde ich ein bisschen von unserem Ausflug in den japanischen Steuerdschungel berichten.

Zunächst einmal die überraschend gute Nachricht: Der durchschnittliche Angestellte muss seine Steuererklärung gar nicht selbst machen. Die Firma übernimmt diese lästige Aufgabe. Für uns kam diese Nachricht völlig unverhofft, denn normalerweise wird hierzulande nicht davor zurückgescheut Mitarbeiter, Kunden oder Einwohner ohne Ende Formulare ausfüllen zu lassen, gerne auch zum zweiten, dritten oder vierten Mal. Solange es nun mal dauert, bis auch das letzte Detail zur Zufriedenheit ausgefüllt ist (und sei es nur die phonetische Ausschreibung der E-Mail-Adresse im japanischen Silbenalphabet).

Leider etwas zu früh gefreut, denn natürlich ging das year-end tax adjustment dann auch nicht ganz ohne ein Formular an uns vorüber. Mitte Oktober kam die höfliche Aufforderung der Personalabteilung, die eigenen steuerrelevanten Daten auf der Website einer externen Firma einzutragen. Diese Aufforderung wurde netterweise direkt zusammen mit einer 37-seitigen Anleitung für die Benutzung ebenjener Website verschickt.

Steuerformulare sind auch in Japan kein Vergnügen

Man muss leider sagen, dass gutes Design von Webseiten und User Interfaces nicht unbedingt eine Kernkompetenz der Japaner ist. Die durchschnittliche Unternehmenswebsite hat ein Design, für das sich selbst die Homepage AG der Schule geschämt hätte. Meist nur mit Glück kann man die Gesuchte Information finden. Wenn man zufällig die richtigen Begriffe in die eingebettete Google Suchmaske eingibt.

So überrascht es kaum noch, dass die Anleitung für die Steuer-Website zunächst den mehrschrittigen Workaround erklärt, mit dem man die Seite statt auf Japanisch auf Englisch anzeigen kann.
Was dann allerdings auch nur von begrenztem Nutzen war. Denn die Qualität der Englischen Übersetzung fügte sich nahtlos in den Rest des Benutzungserlebnisses ein.

Als dann aber eigentlich schon all diese Hürden genommen waren, beging ich den Faux-Pas: Einmal den Zurück-Button des Browsers benutzt – Zack unwiderruflich den Zugriff auf die englische Version verloren. 

So blieb schlussendlich keine andere Lösung als der zähneknirschenden Personalabteilung das weitere Befüllen des Formulars zu überlassen. Im Grunde also doch ein Happy End.

Die Heimatsteuer

5kg Koshihikari Reis aus Niigata

Entschädigt für das Kopfzerbrechen mit dem year-end tax adjustment hat uns ein anderer Aspekt des japanischen Steuersystem: die sogenannte Heimatsteuer (Japanisch: Furusato Nozei). Diese erlaubt uns einen Teil unserer Steuern, die wir eigentlich an unserem Wohnort zahlen würden, im Voraus an bis zu fünf Städte in den ländlicheren Gebieten Japans zu entrichten. Ins Leben gerufen wurde sie 2008 mit dem Gedanken an Großstadtbewohner, die mit ihren Steuerzahlungen ihre alte Heimat unterstützen wollen. Vorbehalten ist sie diesem Personenkreis aber nicht, weshalb auch Langnasen wie wir, die in Japan eigentlich gar keine Heimat haben, dieses System nutzen können.

Der Clou ist, dass die Städte im Gegenzug für die finanzielle Unterstützung (mehr oder weniger) regionale Erzeugnisse im Wert von bis zu 30% als Dankeschön an die Adresse der Steuerzahler schicken. Man sucht sich diese Städte daher auch nicht danach aus wie schön man sie findet oder wie sehr einem ihre Pläne für die Steuergelder gefallen. Im Zweifel wird schnöde danach ausgesucht, welche Produkte sie für die Steuerzuwendung anbieten.

Nach langem hin und her überlegen werden wir bald also monatlich Post aus verschieden Regionen Japans bekommen. Der Inhalt gestaltet sich folgendermaßen:

  • eine Kiste mit Obst und Gemüse aus der Stadt Unzenshi, malerisch gelegen am Fuße eines Vulkans in der Präfektur Nagasaki,
  • eine Packung feinstes Wagyu aus Shiroishi in der Präfektur Saga,
  • eine Lieferung von 5kg Reis und 6 Flaschen Bier aus Tainaishi in der für ihren Reis berühmten Präfektur Niigata

Nachdem nun aber die erste Lieferung Reis bei uns eingetrudelt ist, stellte sich eine ungute Vorahnung ein: bei genauerer Betrachtung konsumieren wir im Monat nur ungefähr 1 kg Reis…hier werden wir also entweder unsere Ernährung anpassen müssen, oder nächstes Jahr schlafen unsere Gäste im Gästezimmer zwischen Säcken voller Reis. 

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