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Des Kaisers neue Scheine – wie teuer ist Japan?

Euro-Einführung, Lehmann-Pleite, Euro-Krise samt Nullzinsphase und nun Rekordinflation: Geld, oder zumindest die Preise und das Wachstum aufs Ersparte sind ein Dauerthema. Im heutigen Beitrag geht es darum, wie teuer unser Leben bzw. euer Urlaub in Japan ist.

Währung

Auch wenn sich der Euro-Raum gefühlt in jedem Jahr um ein bis zwei Länder ausweitet, reicht er bislang noch nicht bis Japan. Hier wird weiterhin in Yen bezahlt. Seit vielen Jahren möchte Japan mit einer schwachen Währung seine Exporte unterstützen und kauft daher spätestens seit 2011 über seine Zentralbank fleißig Staatsanleihen auf. Weil das die meisten Länder bzw. Zentralbanken mittlerweile genauso machen, ist der Effekt überschaubar. Zuletzt bekam man für einen Euro ca. 140 Yen, Tendenz stark steigend.

Auch in Japan gibt es aktuell eine Inflation. Diese ist zwar mit nur gut 2% deutlich milder als in der westlichen Welt. Für das Land der aufgehenden Sonne ist das dennoch ungewöhnlich, denn es hat zwei Jahrzehnte der Deflation hinter sich. Die durchschnittlichen Löhne sind in dieser Zeit nicht gestiegen, im Gegensatz zum Rest der Welt. Gestiegen sind hingegen die Schulden. Aktuell ist Japan mit fast 200% seiner Jahreswirtschaftsleistung verschuldet – das ist das Dreifache der deutschen Staatsverschuldung. Möglich macht das unter anderem der Leitzins von minus 0,1%, der seit sieben Jahren gültig ist.

Lebensmittel

Die meisten Lebensmittel bekommt man in Japan zu ähnlichen Preisen wie in Deutschland. Aber es gibt Ausnahmen:

Die Auswahl an Käse ist – vorsichtig ausgedrückt – übersichtlich. Die angebotene Ware ist darüber hinaus deutlich teurer als in der Heimat. Für die Zubereitung der geliebten Kässpätzle verheißt das nichts Gutes.

Eine kleine Portion Weintrauben für umgerechnet zehn Euro

Ähnliches gilt für Wein. Während man in Deutschland unter zehn Euro Flaschen bekommt, deren Inhalt die Anforderungen unserer Gaumen erfüllt, ist das in Japan aussichtslos. Derselbe Wein kostet hier gefühlt immer das zwei- bis dreifache des deutschen Preises. Selbst Weintrauben sind in Japan Delikatessen, von denen eine Handvoll knapp zehn Euro kostet.

Nun benötigt die Herstellung von Käse und Wein bekanntlich besondere regionale Begebenheiten und hunderte Jahre an Erfahrung. Das rechtfertigt die schlechte Verfügbarkeit bzw. die hohen Preise. Tomaten gehören nach meinem bisherigen Verständnis jedoch nicht in diese Kategorie, fallen hier aber ebenso durch hohe Preise auf.

Abgesehen vom Wein fallen im Alkoholregal die Preisunterschiede gegenüber der Heimat moderat aus. Bier kostet etwa 50% mehr. Discounter-Biere (vgl. 5,0 oder Schultenbräu) sucht man hier vergebens. Stattdessen gibt es Sorten, die mit geringerem Malzanteil (bis hin zum kompletten Entfall) die Biersteuer umgehen. Für eine Geschmacksprobe fehlte mir bislang der Mut. Spirituosen sind erstaunlicherweise günstiger als bei uns, zumindest was die namhaften Großhersteller für Whiskey, Vodka und Co. betrifft.

Verkehrsmittel

Die Anschaffung eines Autos kostet in Japan nicht mehr als in Deutschland. Kraftstoffe sind sogar günstiger, da sie geringer besteuert werden. Allerdings fallen je nach Abstellort monatlich mehrere hundert Euro fürs Parken an.

Die günstigere Alternative ist der öffentliche Nahverkehr. Die Preise liegen sogar noch unter denen der günstigsten deutschen Städte – mit ungleich besserem Service.

Längere Bahnfahrten sind ähnlich teuer wie in Deutschland. Aber auch hier ist das Reiseerlebnis deutlich besser als die durchschnittliche Fahrt mit der Deutschen Bahn.

Das günstigste Verkehrsmittel ist hier das Fahrrad – auch wenn dafür ebenfalls Parkgebühren anfallen. Es gibt sogar Leihradsysteme, die spontane Trips zu erschwinglichen Kosten ermöglichen.

Speisen und Getränke im Restaurant

Auswärts essen ist in Japan entgegen meiner Vermutung grundsätzlich nicht teurer als in Deutschland. Die einfachen Restaurants nutzen eine Reihe von Tricks, um ihre Kosten zu begrenzen.

Die Innenausstattung ist funktional und die Bestuhlung dicht. Häufig können (und gelegentlich müssen) die Gäste direkt am Tresen sitzen. Bestellt wird in vielen Lokalen über Tablets oder Apps, wodurch das Personal reduziert werden kann.

Die meisten Restaurants sind zudem auf eine Speise spezialisiert, die in unterschiedlichen Varianten angeboten wird: Ramen, Tempura, Udon, Katsudon, Okonomiyaki, Sushi, BBQ. Eine große Schüssel Ramen, die einen sehr gemächlichen Gang nach Hause bewirkt und lange satt macht, gibt es so schon für rund 7 Euro. Ein Katsudon-Schnitzel mit Reis, Gemüse und Suppe ist nur unwesentlich teurer. Wasser gibt es immer kostenlos dazu. Für drei Euro können häufig Softdrinks mit refill (natürlich Selbstbedienung) gebucht werden.

Diese Preise lassen sich natürlich steigern – insbesondere wenn es etwas schicker sein soll. Auch der Alkoholkonsum treibt die Rechnung. Ein Bier vom Fass kostet in den meisten Lokalen über fünf Euro für den halben Liter. Wo es angeboten wird, lohnt sich für trinkfeste Kameraden dann das nomihodai. Dabei gibt es beispielsweise zwei Stunden lang All-You-Can-Drink für rund 15 Euro.

Bestellen am Automat, Speisen direkt am Tresen und Bier im Sonderangebot – Restaurantbesuche in Japan müssen nicht teuer sein.

Hotels

Die Preise für Unterkünfte und Hotels bewegen sich in Japan in ähnlichen Regionen wie in Deutschland. Auch die bekannten Internet-Buchungsportale funktionieren hier und ermöglichen eine Suche anhand der persönlichen Vorlieben.

Eine japanische Spezialität sind die Ryokans, die Gästehäuser. Diese sind ganz individuell und bieten fast immer auch eine familiäre Atmosphäre. Leider sind sie in der Regel nicht auf englischsprachige Gäste eingestellt. Wer zu diesem Wagnis (sowie dem finanziellen Aufwand) bereit ist, wird dafür immer mit einem fantastischen Essen und häufig mit einem traditionellen Onsen-Spa belohnt.

Mobilfunk

Handytarife sind in Japan etwas günstiger als in Deutschland. Wir zahlen weniger als zehn Euro im Monat und haben viel mehr Datenvolumen als wir benötigen. Auch für Touristen gibt es bspw. Ein-Monats-Angebote mit bestimmtem Datenvolumen. Wer ein Handy mit eSIM-Modul hat (alle iPhones und viele Androids der letzten vier Jahre), braucht noch nicht einmal mit der SIM-Karte hantieren, sondern kann sich den Tarif schon vor der Ankunft einrichten. In den meisten Cafés und Nahverkehrszügen gibt es darüberhinaus kostenloses WLAN.

Wer gerade ein neues Mobiltelefon benötigt, sollte über den Kauf in Japan nachdenken. Die Preise sind hier im Vergleich zu Deutschland rund 15% günstiger. Dazu kommt, dass sich Kurzzeit-Besucher die 10% Mehrwertsteuer erstatten lassen können. Für Käufe über 430 Euro müssen jedoch bei Einreise in Deutschland 19% Mwst. entrichtet werden, sodass “nur” ca. 10% Ersparnis verbleiben.

Glasfaser-Anschlüsse sind in Japan deutlich weiter verbreitet als bislang in Deutschland. DSL wird hier sogar als ancient bezeichnet. Dabei “hilft” sicherlich die hohe Urbanisierung sowie die geringe durchschnittliche Lebensdauer eines japanischen Hauses.

Immobilien und Mieten

Für das Reisebudget spielen die hiesigen Immobilienpreise vermutlich keine Rolle – interessant finde ich sie dennoch. Es gibt bekanntlich drei Faktoren, die bei der Immobilienbewertung wichtig sind: Lage, Lage und Lage. Dieses Prinzip treiben die Japaner auf die Spitze. Die Grundstückspreise sind hier direkt abhängig von der Gehzeit zu einem Bahnhof und der sich anschließenden Fahrtzeit zum nächsten Geschäftsviertel. Weil der Boden nunmal endlich ist und im Gegensatz zu anderen Werten steuerreduziert vererbt wird, sind die Preise enorm.

Freunde von uns berichten, dass für ihren bevorzugten Bauplatz in Futako-Tamagawa (zu Fuß <10 min zum Bahnhof, dann 20-30 min zu diversen Geschäftsvierteln) rund 7.000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden. Da sind dann auch die 110 Quadratmeter Baugrund für ein freistehendes Einfamilienhaus schon ein finanzielles Abenteuer. Die Baukosten sind vergleichbar mit Deutschland. Allerdings fordern die klimatischen Bedingungen ihren Tribut in Form einer angestrebten Nutzungsdauer von nur gut 30 Jahren. Dann folgt der Abriss.

Diese hohen Preise schlagen sich selbstverständlich auch auf die Mieten durch. Für eine Wohnung mit guter Nahverkehrsanbindung beträgt die Kaltmiete ca. 25 Euro pro qm. Entsprechend wenig Fläche nutzen die Japaner. Eine 70 qm große Vierzimmer-Wohnung ist für eine vierköpfige Familie schon großzügig. Viele Studios für Singles und Berufseinsteiger sind deutlich kleiner als 20 qm.

Das Standort-Prinzip gilt übrigens in beide Richtungen. Da die japanische Bevölkerung seit Jahrzehnten in die Großstädte drängt, werden mehr und mehr Regionen “abgehängt”. Wenn man den Suchradius entsprechend weit um die Bahnhöfe wählt, findet man unzählige leer stehende Land- bzw. Bauernhäuser. Diese Akiyas werden von den jeweiligen Gemeinden für niedrige fünfstellige Eurobeträge und teilweise sogar kostenlos angeboten. In der Regel ist dann jedoch eine ordentliche Muskelhypothek fällig.

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