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Toyotas Werk und Hondas Beitrag

In diesem Blog ging es bereits um die Japan-Flüge von Lufthansa und ANA, den Tokyoter Nahverkehr und den dortigen Alltag als Fahrradfahrer. Aber genau genommen sind Karin und ich wegen der Autos hergekommen – auch wenn wir hier keins besitzen. Es wird also Zeit für einen Blick auf den vierrädrigen Verkehr.

Zu den ersten Dinge, die man in jedem Land nach dem Verlassen der überall gleich aussehenden Flughafenterminals wahrnimmt, zählt der Straßenverkehr. Vor dem JFK warten die Yellow Cabs neben wuchtigen SUVs. In Heathrow drängeln sich die Checker zwischen die roten Doppelstockbusse. In Indien sind die Busse hingegen mit LED-Accessoires in jeglichen Farben dekoriert und werden von Tuktuks in scharfen Zweitakt-Rauch gehüllt. Wie sieht es also auf Japans Straßen aus?

Der Toyota Crown läuft, und läuft, und läuft

Im Reich der aufgehenden Sonne gibt es ebenfalls Fahrzeuge, die das Verkehrsbild prägen: Die Taxen etwa sind überwiegend Toyota Crown – eine Limousine mit klassischem „Three-Box-Design“. Diese Wagen stammen praktisch alle aus den Jahren 1991 bis 1999 (!). Wer genau hinsieht, kann übrigens im Titelbild dieses Artikels vier Toyota Crowns entdecken.

Bei den modernen Privatautos sticht vor allem der Toyota ALPHARD hervor, ein kantiger und luxuriöser Mini-Van. Und dann gibt es natürlich noch die berühmten Kei Cars. Das sind Kleinstwagen, die strenge Grenzen für Außenmaße (1,48m Breite und 3,40m Länge) und Hubraum (0,66 L) einhalten und dafür bei Steuern und Gebühren diverse Vorteile genießen.

Hinter dem Fahrrad versteckt: Ein Kei Car.

Kei Cars – wenn (Park)Platz eine Rolle spielt

Die Kei Cars kommen in Japan auf 40% Marktanteil. Die kompakten Maße, die dem verwöhnten europäischen oder gar amerikanischen Kunden wie ein Makel vorkommen, sind in Japan ein entscheidender Vorteil. In viele enge Gassen kommt man mit den uns bekannten Autos schlicht nicht rein – bzw. nur einmal. Und wer ein Auto zulassen will, muss einen passenden (!) Stellplatz nachweisen. Im Autohaus stehen Länge, Breite und Höhe daher ganz oben auf den Datenblättern der Ausstellungsfahrzeuge.

Das im wahrsten Sinne des Wortes „passende“ Fahrzeug, dass eine Kundin – in Japan verwalten die Ehefrauen das Geld – erwirbt, wird in vielen Fällen zentimetergenau auf dem Grundstück abgestellt. Wer diesen Platz hat, kann sich glücklich schätzen. Der Coin Park in unserem Vorstadtviertel kostet über Nacht umgerechnet 3 Euro, tagsüber 4,50 Euro die Stunde und für 24h 15€. Weiter drin in Tokyo weiß ich von Menschen, die monatlich 650 Euro für einen Tiefgaragenstellplatz bezahlen.

Nicht nur zu Hause, sondern auch in der Öffentlichkeit parken Japaner übrigens hochpräzise. Daraus spricht die oberste Pflicht, anderen kein meiwaku, auf deutsch in etwa Ärgernis zu sein. Es wird außerdem immer rückwärts eingeparkt, vermutlich weil man so bekanntlich auch engere Lücken meistert und beim Losfahren nicht rückwärts in den Verkehr eintauchen muss. Bei der Längsausrichtung helfen fast überall „Wheel stopper“ in Form von Betonklötzen. Somit steht hier auch niemand mit seinem Kofferraum im Gehweg oder im Blumenbeet.

Bitte mal pusten – Alkoholcheck vor jeder Dienstfahrt

In einem früheren Artikel habe ich bereits die deftigen Strafen beschrieben, die auf Fahrten unter Alkoholeinfluss folgen. Diese sind jedoch als Mittel der Prävention zu verstehen, die noch weitere Blüten treibt. Sowohl in Karins als auch in meiner Firma müssen Mitarbeiter vor Fahrtantritt mit einem Firmenwagen einen Alkoholcheck absolvieren. Das kann eine Atemalkoholmessung sein, aber auch ein kurzer Video-Call zur Begutachtung der Sprachfähigkeiten und Gesichtsfarbe. Hauptsache es ist bezeugt. Nach der Fahrt wird das gesetzlich vorgeschriebene Spektakel wiederholt.

Wenn es dann endlich losgeht, geht es garantiert erstmal langsam. In der Stadt beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Regel 40 km/h. Die meisten Autofahrer wären mit einer halb so hohen Durchschnittsgeschwindigkeit sehr glücklich, erreichen diese aber nur selten. Zu dicht ist der Verkehr, der sich oft nur von Ampel zu Ampel quält.

Freie Fahrt – gegen Mautgebühr

Die Alternative sind die Autobahnen: teuer, aber (deshalb erstaunlich oft) frei. Die Trassen werden fast ausschließlich auf Stelzen durch die Stadt geführt. An nicht wenigen Stellen verläuft die Gegenrichtung auf noch einmal höheren Stelzen darüber.

Weil der Nahverkehr in der Region bekanntermaßen so gut ist, hat es tatsächlich 3 Monate gedauert, bis ich zum ersten Mal auf einer japanischen Autobahn unterwegs war. Die Mautgebühren sind happig. Eine Strecke im Raum Tokyo, die einem etwa eine Viertelstunde Fahrtzeit erspart, kann schon mal zehn Euro kosten. Die Preise sind sinnvollerweise Tages- und Uhrzeitabhängig. Auf der Langstrecke liegen die Preise bei ca. 10 Cent je km und man rollt mit 100 oder – seit 2020 auf ausgewählten Strecken – 120 Kilometern pro Stunde, während die Shinkansen an einem vorbeischießen.

Selten „fast“ und niemals „furious“

Der Autoverkehr in Japan ist also insgesamt eine sehr gemächliche Angelegenheit. Die Szenen aus „Fast and the furious – Tokyo Drift“ wirken im Alltag jedenfalls unvorstellbar. Aber natürlich gibt es auch hier eine Szene für sportliche und extravagante Fahrzeuge. Diese huldigt den nationalen Ikonen wie Nissan Skyline GT-R

https://www.puttygen.net/

, dem Honda NSX und Mitsubishi Lancer Evo. Mitunter werden aber auch Alltagsautos liebevoll individualisiert. Und es gibt sogar Rennserien in Japan, Malaysia und Thailand, in denen getunte Kei Cars mit bis zu 140 PS (0,66 Liter Hubraum!) um die Wette fahren.

Aber auch die Fahrer der “langweiligen“ Alltagswagen wertschätzen ihre Fahrzeuge. Diese sind in der Regel jederzeit blitzblank, frei von jeglichen Schrammen und innen oft mit Sitzschonbezügen ausgekleidet. Sogar der 100 Yen Shop, die japanische Variante des 1-Euro-Ladens verkauft blütenweiße Handschuhe zum Autofahren.

Welche Automarken sieht man hier?

Die Kei Cars sind naheliegenderweise eine rein japanische Angelegenheit. Auch ansonsten dominieren Toyota, Honda und Nissan Je größer die Autos, desto mehr Anteil haben allerdings ausländische Hersteller. Und die Amerikaner? Die sehen auf dem hiesigen Automarkt kein Land. Ihre Autos gelten als klobig und unzuverlässig. Ironischerweise laufe ich dennoch täglich an etlichen Chevrolets vorbei – auf dem Fahrradparkplatz. Und es sind nicht die einzigen Automarken, die in Japan auf dem Fahrradmarkt mitmischen. Wer hätte gedacht, dass man mit einem Hummer noch einmal zur Avantgarde der umweltbewussten Fortbewegung gehören kann?

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