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Und täglich grüßt W-8BEN

Wer schon einmal umgezogen ist, kennt das: Neben Freunden und Verwandten müssen alle möglichen Organisationen informiert werden. Beim internationalen Umzug ist das natürlich noch etwas aufwändiger. Heute gibt es daher eine Mischung aus Erfahrungsbericht und Anleitung:

“Wir ziehen seit zwei Monaten nach Japan um.”

Den Satz habe ich zugegebenermaßen so noch nicht gesagt. Aber er beschreibt den Zustand eigentlich ganz gut. Bei unseren bisherigen Auslandsaufenthalten waren wir ausschließlich mit unserem Fluggepäck unterwegs. Da ein Seefrachtcontainer etwas langsamer unterwegs ist als eine Boeing 787, wird sich dieser Umzug also noch einige Wochen ziehen. Wobei angesichts der aktuellen Verwerfungen in der Containerschifffahrt das prognostizierte Ankunftsdatum Mitte August überraschend früh ist. Der physikalische Umzug ist also für uns gerade „pausiert“.

Eine andere Art von Umzug geht allerdings auch recht zäh vonstatten: Die Adressmitteilungen bzw. -aktualisierungen. Das lässt immerhin Zeit für einen kleinen Zwischenstand:

Post und Nachsendung

Unseren Briefkasten haben wir schon einige Wochen vor dem Auszug stillgelegt. Theoretisch. Wir haben einen Nachsendeauftrag zu einer sogenannten “Scanbox” eingerichtet. Leider funktioniert der Nachsendeauftrag nur mit der deutschen Post. Solange der Name noch auf dem Briefkasten stand, wurden Sendungen von der BWPOST oder anderen Postunternehmen weiterhin zugestellt. Aber auch das ist mittlerweile erledigt.

Die Scanbox über den Dienst Dropscan funktioniert wie eine Mischung aus klassischem und digitalen Postfach – und nicht nur als Nachsendeziel. An diese reguläre Adresse mit Adresszusatz in Berlin können sämtliche Briefe etc. adressiert werden. Bei Eingang werden diese zunächst von außen fotografiert. Entscheiden wir uns dafür, werden die Umschläge geöffnet, der Inhalt gescannt und uns als PDF zur Verfügung gestellt. Die physikalischen Sendungen werden unabhängig davon, ob sie gescannt wurden, aufbewahrt, bis wir sie vernichten oder (gesammelt) an eine andere Adresse weiterleiten lassen.

Der Dienst ist nicht umsonst. Aber der Preis steht in keinem Verhältnis dazu, das Sortieren, Scannen, Aufbewahren und Verschicken der Familie zuzumuten. Wir können ihn daher auch denjenigen empfehlen, die zum Beispiel in der Elternzeit eine längere Reise antreten und den Überblick über ihre Post behalten wollen.

Einwohnermeldeamt

Im Gegensatz zum Auslandssemester, in dem wir einen Nebenwohnsitz bei den Eltern beibehalten haben, sind wir diesmal ganz “raus”. Die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt ist erstaunlich einfach und hat bei uns beiden online funktioniert. In dem Moment, in dem man der Bundesrepublik so den Rücken zukehrt, kann man sich da schon ein bisschen wie ein “Reichsbürger” fühlen. Aber keine Sorge, wir haben sowohl unsere Pässe als auch die Verfassungstreue behalten.

Die neue Adresse fragt das Amt übrigens nicht ab. In vielen Fällen steht sie ja auch noch nicht fest, weil es erst einmal ins Hotel oder eine Zwischenwohnung geht. Ich bin gespannt, ob mein Steuerbescheid noch irgendwo auftaucht. Bislang hat nur das elektronische Pendant in ELSTER den Weg zu mir gefunden.

Wie es auf dem japanischen Einwohnermeldeamt zuging, haben wir ja schon vor zwei Monaten beschrieben: Mit Händen, Füßen und dem Google-Translator funktioniert es.

Versorger (Strom, Internet)

Den Vertrag mit dem Stromversorger konnte ich einfach und mit kurzem Vorlauf kündigen

https://www.puttygen.net/

, weil sie sich mit der Belieferung am neuen Wohnort verständlicherweise schwer tun. Einen Nachweis wollten die Stadtwerke aber nicht einmal sehen. Vermutlich sind sie bei den hohen Preisen gerade froh um jeden Bestandskunden, der abspringt. Die Abschlussrechnung landete zuverlässig sechs Wochen später in der Scanbox.

Ähnlich einfach lief es mit der Telekom. Diese gewährt bei Umzug ins Ausland eine sechstägige Kündigungsfrist und wollte auch ebenfalls keinerlei Nachweise sehen. Auch hier lief alles online und die Abschlussrechnung kam (wie jede andere auch) per Email.

Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht, priv. Rente, Krankenvers.)

Bei den Versicherungen ist es nicht so eindeutig. Die Hausratversicherung ist an die jeweilige Wohnung gebunden. Da unser Versicherer keine Wohnungen im Ausland versichert, konnten (und mussten) wir aus dem Vertrag raus.

Ein altes japanisches Ochsengespann
Hausrat unterwegs. Viel größer sind die japanischen Lkw übrigens in den letzten fünfhundert Jahren nicht geworden.

Die Haftpflichtversicherung konnten wir in unserem Fall behalten, weil die geplante Aufenthaltsdauer im Ausland kürzer als 5 Jahre ist.

Die Krankenversicherung ist ein riesiges Kapitel, um das sich aber zum Glück zu großen Teilen der Arbeitgeber kümmert. Unsere Aufgabe, die Umstellung der gesetzlichen Versicherung auf Anwartschaft (eine Art passive Mitgliedschaft, um später wieder aufgenommen zu werden), war dabei sehr einfach.

Private Rentenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung usw. laufen einfach weiter. Hier galt es lediglich, die neue Anschrift mitzuteilen.

Banken und Finanzdienstleister

Die meiste Arbeit machen übrigens die Banken und Finanzdienstleister – unter Anderem aber nicht ausschließlich aufgrund von Anti-Geldwäschegesetzen, Doppelbesteuerungsabkommen und Co.

Bei der DKB ließ sich die neue Meldeadresse im Ausland nach einigen Anläufen online eintragen. Bei der Commerzbank ging dies nur in der Filiale – aber immerhin schon vor Ausreise. Die Deutsche Bank bestand zunächst darauf, dass dies nur in der Filiale geht mit Vorlage der Meldebestätigung des neuen (!) Wohnorts. Nach einem längeren Telefonat hatte der Mitarbeiter dann ein Einsehen und das Ganze ließ sich per Telefon und Email klären.

Bei allen Instituten war allerdings die Befüllung diverser Steuerformulare notwendig. Immer dabei: W-8BEN. Das ist ein Formular der US-Bundessteuerbehörde, das Banken von allen Nicht-US-Amerikanern ausfüllen lassen müssen, dessen Daten angeblich aber nicht an die USA weitergeleitet werden. Das kann man sich wirklich nicht ausdenken.

Die DKB hat mir übrigens trotz allem mein Depot gekündigt. Das Angebot richte sich nur an deutschsprachige EU-Bewohner. Leider kann ich es nicht zu Quirion umziehen, denn die hätten es verdient. Das war der bislang einzige Dienst, bei dem ich auch die internationale Adresse einfach und auf Anhieb online eintragen konnte. Daher an dieser Stelle ein großes Lob!

Sonstige

Bei den meisten anderen Unternehmen, Diensten etc. haben wir bislang einfach die Füße still gehalten. So zum Beispiel beim Mobilfunkanbieter. Wir haben beide deutschen Handynummern auf Prepaidkarten “geparkt” und gehen davon aus, dass wir diese mit gelegentlichem Aufladen auch in zwei Jahren noch nutzen können.

War noch was? Klar, die GEZ. Die Kündigung beim “Beitragsservice” war auch denkbar einfach. Online-Formular ausfüllen, Abmeldebestätigung vom Amt anhängen, fertig. Restguthaben über den Stichtag hinaus wird rückerstattet. Wer hätte gedacht, das ich diesen Verein nochmal loben würde?

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